Von der Freiheit eines Christenmenschen – Gedanken zur Freiheit in Corona-Zeiten … und auch sonst

(Gedanken von Pfr. Dr. Jochen Hahn)


Wie selten zuvor bewegt in Corona-Zeiten das Thema „Freiheit“ unsere Gemüter. Wieviel Freiheit steht mir zu? Welche Einschränkungen sind angemessen? Werden wir klammheimlich unserer Freiheit beraubt oder gehören Einschränkungen zur Fürsorgepflicht eines Staates?
Freiheitsrechte in einem demokratischen Staat sind klar benannt: Versammlungsrecht, Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit z. B. Kann ich diese Freiheiten uneingeschränkt einklagen oder kommen diese erst im Hinblick auf ein soziales Miteinander zum Ziel?
Welche Antworten kannst du als Christ finden, wenn du in der Bibel stöberst? Hier einige Aspekte, die mir wichtig erscheinen und durchaus zur Diskussion gestellt werden können.

1. Der Mensch ist zur Freiheit geschaffen
Bereits in den Schöpfungszeugnissen der Bibel wird dies ausgedrückt. Dabei geht es nicht nur um freie Beweglichkeit so, wie wenn ein Reh sich in der Natur frei bewegen kann. Das auch. Die Freiheit des Menschen kommt besonders zum Ausdruck durch die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, z. B. den Tieren Namen zu geben, den Garten Eden zu pflegen oder gar gegen den Willen Gottes göttliche Weisheit pflücken zu wollen. Ebenbild Gottes heißt eben auch: Freiheit. Dieses Thema durchzieht die Bibel wie ein verborgener Faden, im Gelingen und im Scheitern. Dort, wo das Volk Israel aus Knechtschaft in die Freiheit findet, kommt es ganz zutage: In der Befreiung aus Ägypten oder der Heimkehr aus der Babylonischen Gefangenschaft. Jesus bringt dann ganz neue innere Aspekte ins Spiel. Dazu später.

2. Freiheit wird durch Regeln geschützt
Es ist kein Zufall, dass die 10 Gebote dem Volk Israel im Moment ihrer größten Freiheit gegeben werden, nämlich in der unendlichen Wüste. Endlich waren sie der brutalen Unterdrückung in Ägypten entflohen! Dann, in der Weite der Steppe und Wüste waren sie unendlich frei, konnten gehen, wohin sie wollten, konnten Aufgabenverteilungen selber bestimmen und das Leben gestalten. Aber gerade diese Freiheit gebar neue Konflikte. Wenn jeder tun und lassen kann, was er gerade will, kann dies zu einer neuen Diktatur führen, der Diktatur unendlicher Freiheit.
Wer die Wendezeit um 1990 bewusst miterlebt hat, kann dies nachvollziehen. Die neu gewonnene Freiheit war etwas Wunderbares, aber sie brachte auch manche Knechtschaft mit sich: ungezügeltes Kaufverhalten brachte manchen in eine furchtbare Schuldenfalle, der freie Handel führte manche und manchen in schwere Drogenabhängigkeit.
Es ist ganz klar: Wirkliche Freiheit braucht den Schutz von Regeln, die eben auch die Freiheit des Mitmenschen schützt, nicht nur meine eigene.

3. Von der Freiheit eines Christenmenschen – eine spannende Sicht Martin Luthers
Das Thema Freiheit hat die Gemüter durch die gesamte Geschichte bewegt und immer wieder harte Debatten ausgelöst. Martin Luther bringt 1520 in seiner Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ ein spannungsvolles Zitat:

„Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemandem untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“

Wie geht das zusammen? Ist es nicht total widersprüchlich?
Martin Luther nutzt diese Widersprüchlichkeit um deutlich zu machen: „Freiheit“ ist nicht einfach ein simples Recht, das es durchzusetzen gilt. Hier kommt das Thema „Freiheit“ in ein Wechselspiel gemeinschaftlichen Lebens.

„Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemandem untertan."

Hier hat Luther die innere Dimension des Glaubens und des Gewissens im Blick, wie es Paulus ausdrückte (Gal. 5,1): „Zur Freiheit hat uns Christus befreit“. Das bedeutet nicht: Ich kann machen, was ich will. Sondern: Wer Gott vertraut, wird innerlich frei, weil er allein Gott gegenüber verantwortlich ist und sich daher keinen weltlichen erfundenen Zwängen und Normen unterwerfen muss.
Beispiel: Wer weiß, dass er von Gott geliebt und als unendlich wertvoll erachtet ist, muss sich nach außen hin nicht definieren über Leistung und Statussymbole. Ihm kann es im Grunde egal sein, was andere über ihn denken. So ist er innerlich ein freier Mensch und niemandem untertan.

„Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan“

Hier wechselt Luther die Perspektive. Hier kommt der Nächste in den Blick. Und das hat Auswirkungen auf seine Freiheit. Eben, weil es noch die Freiheit des anderen gibt. Luther geht wieder auf Paulus zurück. Der lässt es nämlich nicht bei dem oben genannten Satz beruhen. Paulus fügt hinzu (Gal. 5, 13f):
„Ihr aber, Brüder und Schwestern, seid zur Freiheit berufen. Allein seht zu, dass ihr durch die Freiheit nicht dem Fleisch Raum gebt, sondern durch die Liebe diene einer dem andern. Denn das ganze Gesetz ist in dem einen Wort erfüllt (3. Mose 19,18): »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!«

D. h., die Freiheit ist nicht nur ein Recht für mich selber, das ich durchzusetzen habe. Nein, wirkliche Freiheit steht unter einem Dach der Nächstenliebe und der Achtsamkeit.

Beispiel: Ich kann in meiner Wohnung rauchen, wie ich will. Niemand kann es mir verbieten. Es ist mein Freiraum, meine Freiheit. Definitiv. Wenn aber jemand zu Gast ist, der den Rauch nicht abkann, habe ich zwei Möglichkeiten: Ich poche auf das Recht meiner Freiheit und rauche eben weiter. Oder, die zweite Möglichkeit, ich verzichte auf das Recht meiner Freiheit zugunsten des anderen. D. h., ich nehme mir die Freiheit, auf meine Freiheit zu verzichten.

4. Was würden Jesus oder Paulus in der Corona-Zeit tun?
Ich weiß – Spekulation. Ich kann Jesus nicht sagen, was er tun würde. Aber von seiner Botschaft her, soweit ich sie kenne, kann ich Rückschlüsse ziehen.

Würde Jesus auf eine Demo gehen und sein persönliches Freiheitsrecht lautstark einklagen? Ich kann es mir nicht vorstellen. Jesus würde vielmehr in ein Krankenhaus gehen oder in ein Pflegeheim, um dort Pfleger, Ärzten oder Patienten zuzuhören und beizustehen, wenn möglich würde er sogar mit anpacken. Sein Sinn für die Schwachen und Leidenden war stärker als das Durchsetzen eigener Rechte.

Und der freiheitsliebende Paulus? Was würde er tun?
Vielleicht würde er sagen: Na ja, ich finde die Einschränkungen in ordentlichen Gaststätten oder Konzertsälen etwas übertrieben. Aber um der Achtsamkeit willen möchte ich hier auf meine Freiheit verzichten, um mit anderen Menschen solidarisch an einem Strang zu ziehen.
Paulus hatte zu seiner Zeit diese Überzeugung seines Freiheitsverständnisses praktisch umgesetzt. Er selber hielt es z. B. für unproblematisch, Fleisch zu essen, was vorher Götzen geopfert wurde, eben, weil es nur Fleisch ist. Wenn aber andere Christen damit persönlich ein Problem hatten, verzichtete er auf seine Freiheit, eben aus Achtsamkeit um des Anderen willen.

5. Mein Fazit in aller Corona-Diskussion
Ich wundere mich ehrlich gesagt über die Art und Weise, wie eine biologisch bedingte Infektion in vielen Diskussionen solche weltanschauliche Züge bekommt. Ich wundere mich, wie auch Christen so ganz auf das eigene Recht auf Freiheit fixiert sind und der Regierung (in der ja wahrlich sehr unterschiedliche Positionen aufeinanderprallen und man von einer „Staatsmeinung“ gar nicht reden kann) von vornherein Böses unterstellen. Könnte es sein, dass Verantwortliche im Staat einfach nur Sorge tragen wollen und Auswege aus dieser Krise suchen, auch wenn diese nicht immer der Treffer sind? In welcher furchtbaren Situation würden wir leben, wenn der Staat nichts täte? Wären die Folgen auch für die Wirtschaft unterm Strich nicht ungleich schlechter? Abgesehen von einigen Industriezweigen (Gewinner gibt es in jeder Krise) hat doch sonst niemand einen Nutzen von den Folgen dieser Pandemie. Und mit „Angstmache“, wie ich hin und wieder höre, hat die Sorge der Öffentlichkeit nun wirklich nichts zu tun. Hier wäre es sehr heilsam, einfach einmal mit Betroffenen ins Gespräch zu kommen, die im Krankenhaus bis zur Erschöpfung arbeiten, Erkrankte (z. T. unter Erleiden von Aggressionen) von zu Hause abholen oder Coronaverstorbene bergen. Angst kann bei allem durchaus eine Rolle spielen, dass man persönlich oder nahe Menschen zu Schaden kommen könnten. Diese muss kein Staat machen, sondern liegt in der Natur der Sache.
Offenbar sind wir freiheitsliebenden Menschen nicht wirklich in der Lage, von uns aus angemessen Zurückhaltung zu üben.
Kritisches Denken bleibt in allem gefragt, wie sonst auch. Man muss nicht mit allem immer einverstanden sein, was vorgeschlagen und getan wird. Man darf und muss hinterfragen können. Aber auf Demos nur auf das eigene Freiheitsrecht zu pochen und die Not in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen zu ignorieren - findet bei mir in dieser Situation keinerlei Verständnis.

Da ist – nüchtern gesagt - ein Virus, das sich rasend schnell nun auch in unseren Dörfern breit macht und Menschen z. T. schwer erkranken incl. sich bereits jetzt abzeichnender Spätfolgen. Wie auch bei einer Grippe oder anderen ansteckenden Krankheiten ist es doch dann eine Selbstverständlichkeit, auf andere Rücksicht zu nehmen, damit sie nicht angesteckt werden und zu Schaden kommen. Das gilt umso mehr für ein Virus, dessen Ansteckungsverhalten deutlich größere Tücken zeigt als bei der Grippe. Jeder damit verbundene Verzicht schränkt natürlich auch meine Freiheit ein.

Sehr nachdenklich macht mich zudem, dass man von alten Menschen nun sagt: „Die müssen allemal bald sterben“. Was würde man sagen, wenn die Pandemie vor allem unsere Kinder treffen würde? Sind ältere Menschen etwa weniger wert? Was greift hier für ein Denken um sich? In der Bibel lese ich nur von einer Hochachtung gegenüber Eltern und Großeltern.

Im Hinblick auf unser Verhalten und Reden sollten wir gerade als Christen Vorbild sein im Sinne Jesu. Und auch wir als Kirche sollten uns dessen sehr bewusst sein, dass es herbe Einschnitte auch für unser gottesdienstliches Leben bedeuteten kann. Hier dürfen wir getrost mit anderen Demut üben und Verzicht.

Was ich mir wünsche? Eine weniger aufgeregte Debatte über Corona, die vor allem von Achtsamkeit und Nächstenliebe geprägt ist. Ich wünsche mir auch, dass wir miteinander im Gespräch bleiben und uns nicht von so einem Winzling „Corona“ in Lager spalten lassen. Die Diskussion um unsere Freiheit sollte aber durchaus vom Geist Jesu bestimmt bleiben:

„Ihr aber, Brüder und Schwestern, seid zur Freiheit berufen. Allein seht zu, dass ihr durch die Freiheit nicht dem Fleisch Raum gebt, sondern durch die Liebe diene einer dem andern. Denn das ganze Gesetz ist in dem einen Wort erfüllt (3. Mose 19,18): »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!«

Pfarrer Dr. J. Hahn, Rüsseina.

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Der "Flying Pastor" mit der Bell UH1H unterwegs (1998)

Wenn auch die Dienstfahrzeugfrage in unserer Landeskirche geklärt schien, hatten die Kirchenvorstände des Kirchgemeindeverbundes Rüsswendlitz in ihrer ersten zentralen Quartalssitzung des Jahres '98 die Dienstfahrzeugfrage neu erörtert. Deutlich wurde in der Diskussion schnell, dass die Kirchspielgrenzen nur noch von erhöhtem Standpunkt aus zu überblicken sind. Im Hinblick auf die zu erwartende Managerfunktion werden vom Pfarrer gänzlich neue Qualitäten erwartet: Wendigkeit‚ Flexibilität und Allgegenwart. Der vereinigte Kirchenvorstand Rüsswendlitz hat in o. g. Sitzung eine bahnbrechende Idee formuliert, die sofort einen einstimmig angenommenen Beschluss zur Folge hatte: Der Kirchgemeindeverbund Rüsswendlitz beantragte die Genehmigung zur Anschaffung eines kirchgemeindeeigenen Helikopters.

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Bauantrag für Kirchturmpropeller (1995)

Der Kirchenvorstand hat in seiner letzten Sitzung die Außenrenovierung des Kirchturmes neu durchdacht. Dabei sind neue wegweisende Gedanken zutage getreten, die zu diesem Bauänderungsantrag führen. Aufgrund umwelttechnischer und rein praktischer Erwägungen hat der Kirchenvorstand das Planungsbüro LIRPA beauftragt, den Einbau eines Windgenerators in den Kirchturm zu konzipieren. Das Ergebnis ist verblüffend, nicht nur in ästhetischer, sondern auch in finanzieller Hinsicht. Mit dem selber erzeugten Strom lassen sich Uhrwerk, Glocken, Orgelmotor und Licht mühelos betreiben. Der nicht benötigte Strom - das ist das Hauptergebnis - kann wie üblich in das Netz gespeist werden. gespeist werden.

Um bei Windstille Stromausfälle auf Dauer zu vermeiden, sollte bei der Bedachung des Kirchenschiffes im Jahre 1996 nicht unterlassen werden, eine großflächige Voltaikanlage zu montieren. Der Kirchenvorstand ist bereit, bis dahin anfallende Stromausfälle in Kauf zu nehmen. Der Asthetik wegen wurde ein Rotordurchmesser von nur 14m gewählt mit einer Leistung von 12 KW. Die Rotorgestalt ermöglicht eine glückliche Verbindung von altehrwürdiger Architektur und neuzeitlicher Dynamik. Dieses sakrale Energiekonzept ist zudem ein Symbol dynamischer Entwicklungen innerhalb der Kirche. Der Geräuschpegel der Anlage ist durchaus akzeptabel, wird auch von der Gemeinde nicht beanstandet. An das Geläut, sagen die Leute, haben sie sich ja auch gewöhnen müssen.

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